Startseite / Agenda / Rede Seiner Majestät des Königs der Belgier aus Anlass des Staatsbesuchs Seiner Exzellenz Alexander Van der Bellen Bundespräsident der Bundesrepublik Österreich

Rede Seiner Majestät des Königs der Belgier aus Anlass des Staatsbesuchs Seiner Exzellenz Alexander Van der Bellen Bundespräsident der Bundesrepublik Österreich

21 März 2022

Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrte Frau Schmidauer,

Die Königin und ich möchten Sie, sowie Ihre Delegation hier auf Schloss Laeken herzlichst willkommen heißen.

Ihr Besuch findet in einem außergewöhnlichen Kontext statt, den wir im 21. Jahrhundert eigentlich gehofft hatten, einzig der Vergangenheit zurechnen zu müssen: einem Krieg an den Außengrenzen der Europäischen Union. Ein Krieg der immenses Leid verursacht und der das Grundrecht der Nationen, auf ein Leben in Frieden negiert.

Ihre Bundesverfassung verweist explizit auf das Völkerrecht. Und Sie haben es auch betont: Österreich ist, wenn es um die Demokratie und unserer Werte geht, nicht neutral.

Es sind mit Sicherheit diese Grundsätze, die Ihre Reaktion angesichts der Situation in der Ukraine beeinflusst haben. Ihr Land zeigt eine bewegende Solidarität mit der Bevölkerung der benachbarten Ukraine. „In Frieden leben zu können, gehört zu den Menschenrechten“: das sind Ihre Worte, Herr Bundespräsident, die nahtlos an Ihre dringenden Apelle anknüpfen, diese militärische Aggression, deren Opfer die Ukraine ist, schnellst möglichst zu beenden. Apelle, denen sich Belgien uneingeschränkt anschließt.

Herr Bundespräsident,

Unsere Länder verbindet eine bemerkenswerte, gemeinsame Geschichte und frappierende Ähnlichkeiten. Unsere Bevölkerungen, unsere Bürgerinnen und Bürger, erfüllen unsere bilateralen Beziehungen mit Leben. Waren unsere Beziehungen schon im 18. Jahrhundert bedeutsam, so sind sie heute durch Handel, Wirtschaft und Tourismus, sowie reiche kulturelle Gemeinsamkeiten oder die Zusammenarbeit bei Forschung und Innovation, noch intensiver. Ihr Besuch, Herr Bundespräsident, berührt jeden der gerade genannten Bereiche und wird, davon bin ich überzeugt, neuen Partnerschaften den Weg ebnen. 

Ich bin sehr von Ihrem Wunsch zum Dialog mit der Jugend bewegt, den Sie mit Ihrer Gattin teilen und der Ihre Amtszeit als Staatsoberhaupt prägt. Wir müssen der Jugend zuhören, ihr Hoffnung geben und Engagement fördern. Mit und über die Jungend müssen wir unsere Verantwortung zur Sicherung einer nachhaltigen und demokratischen Zukunft voller Hoffnung und Möglichkeiten, auf der Grundlage von Solidarität und gegenseitigem Respekt, übernehmen.

Ich erlaube mir an dieser Stelle eine der Thesen aus Ihrem Buch „Die Kunst der Freiheit“ aufzugreifen. Sie schreiben darin, dass eine korrekte, demokratische Machtausübung nicht ohne freiheitliche Grundrechte funktioniert, gleichzeitig der Erhalt der Grundrechte, demokratisch ausgeübter Macht bedarf. Diese tiefgründig formulierte These kann unserer Jugend und der Debatte zur Zukunft unserer Gesellschaften und der europäischen Integration als Inspiration dienen.

Herr Bundespräsident,

Bei den informellen Treffen der deutschsprachigen Staatsoberhäupter sprechen wir Schlüsselthemen für die Zukunft unserer Gesellschaften an. Ich erlaube mir zwei davon wegen ihrer besonderen Aktualität hier herauszugreifen: Das Klima und die Pandemie.

Ihr starkes Engagement und Ihre Initiativen für Umwelt- und Klimaschutz sollten uns alle sensibilisieren. Die Einrichtung des Klimarates der Bürgerinnen und Bürger, Anfang des Jahres in Wien, ist nicht unbemerkt geblieben.

Gleichzeitig haben Sie während der Corona-Pandemie zum gesellschaftlichen Engagement, dem Respekt der Gesetze und der Solidarität sowie einem verantwortungsbewussten und würdigen Verhalten, sowohl der Entscheidungsträger als auch der Bevölkerung aufgerufen. Dies sind Mahnungen, denen angesichts der enormen Herausforderungen in Gesundheitssystemen und öffentlicher Sicherheit, besondere Bedeutung zukommt. Wir brauchen heute mehr denn je verantwortungsbewusste, engagierte und solidarische Bürgerinnen und Bürger. Den enormen Herausforderungen können wir nur mit großer politischer Entschlossenheit und der vollen Unterstützung der Bevölkerung begegnen.

Herr Bundespräsident,

Ich möchte zum Abschluss eine letzte Gemeinsamkeit aufgreifen: die der internationalen Rolle bei der Förderung von Frieden und der multilateralen Kooperation, für die unsere Hauptstädte Wien und Brüssel stehen.

Die Neuordnung Europas nach dem Sturz Napoleons entschied sich beim Wiener Kongress und seit 1955 entwickelte sich Ihre Hauptstadt zum privilegierten Ort für Treffen zur Sicherheit, Friedensverhandlungen, multilaterale Zusammenarbeit oder Kooperation im Rahmen der UNO.

Wir begrüßen den Einsatz Ihres Landes für Kooperation und internationale Verständigung. Gerade jetzt in Zeiten größter Instabilität. „Unsere“ Europäische Union ist durch das gleiche Streben nach Frieden und Wohlstand geprägt. Gemeinsam werden Wien und Brüssel sich dafür einsetzen, diese Wertegemeinschaft und die Grundprinzipien unserer Demokratien nachhaltig zu konsolidieren.

Exzellenzen,
meine Damen und Herren,

Ich möchte Sie bitten mit mir das Glas zu erheben und auf das Wohl von Bundespräsident Van der Bellen und die enge und intensive Zusammenarbeit zwischen Österreich und Belgien anzustoßen.